Das Exotenhaus füllt sich mit Leben

Das Exotenhaus

Nur noch Detailarbeiten nötig / Tiere brauchen Eingewöhnungszeit

Eigentlich sieht alles schon ziemlich fertig aus. In der großen Halle des Exotenhauses rauscht bereits der kleine Wasserfall, die Bäume haben sichtlich an Wachstum zugelegt, die Netze um die Volieren sind auszumachen. Nur Vogelstimmen oder das Geflatter von Fledermäusen sind noch nicht zu hören. Denn von den Fischen in den Großaquarien einmal abgesehen sind die Tiere noch nicht in die später dem Publikum zugänglichen Bereiche des Exotenhauses eingezogen.

Der Grund für die in den Spätsommer verschobene Eröffnung wird bei näherer Betrachtung deutlich: Hier fehlt es am Lückenschluss zwischen Netz und Kunstfels, damit die Tiere nicht durchschlüpfen können. Dort sind einige Felsen noch nicht fertig modelliert und an anderer Stelle können Zoobeschäftigte nach Abzug der Bauarbeiter erst jetzt an die Gehegeeinrichtung gehen.

Für das Tierpfleger-Team ist die Bauverzögerung eine große Herausforderung. Denn natürlich können sie nicht einfach warten. Hinter den Kulissen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Schließlich sind schon hunderte Tiere da, die gefüttert werden, deren Gehege sauber sein sollen. Die Ankunft anderer Tiere wiederum musste verschoben werden. Die Volieren der Totenkopfäffchen, Degus oder auch Sonnensittiche müssen noch fertig eingerichtet werden, wie die Revierleiterin des Exotenhauses, Michaela Gaum, erzählt.

„Es ist eine unglaublich spannende Zeit“, freut sie sich. Und jeden Tag kehrt das Leben ein bisschen mehr ein. In den Aquarien schwimmen schon hunderte Fische, von Zebrabuntbarschen über Welse und Pfauenaugen-Stachelrochen bis hin zu Piranhas. Lediglich die Infotafeln, die darüber aufklären, welche Fische im Becken schwimmen, wo sie herkommen und wie sie sich fortpflanzen, sind noch anzubringen.

Neues zu Hause einrichten und kennenlernen

Wo es ging, wurde die Ankunft der Tiere herausgezögert. „Wir versuchen, die Tiertransporte zu verschieben, damit die Tiere möglichst kurz hinter den Kulissen bleiben müssen“, klärt die Revierleiterin auf. Wenn sie ankommen, müssen die meisten zunächst in Quarantäne, die zwei bis vier Wochen dauert.

Die Tiere, die schon in Karlsruhe sind, wie zum Beispiel Schlangenhalsschildkröten, Pfeilgiftfrösche, Turakos, Gürteltiere, Straußenwachteln, Sumbawadrossel, Hammerköpfe, Degus oder Mertens-Wasserwarane, benötigen auch Aufmerksamkeit. „Fünf-Sterne-Hotel mit voller Verpflegung“, lacht Gaum. Ihre Pfleglinge wollen nicht nur gefüttert werden - unter Beachtung diverser Futterpläne. So sind Fred und Wilma, wie das Tierpflegerteam die beiden Schlangenhalsschildkröten nennt, sehr gefräßig. Die Piranhas können überraschenderweise auch einmal Garnelen links liegen lassen.

Alle Tiere haben im Fünf-Sterene-Hotel natürlich „Zimmerreinigung gebucht“ und wollen beschäftigt sein. So lässt sich das sechsköpfige Pflegerteam für jedes Tier abwechslungsreiche Beschäftigung einfallen. Die Turakos etwa haben einen Pappkarton voll Stroh, in dem sie ihre Mehlwürmer suchen müssen.

Auch wenn der letzte Handwerker das Exotenhaus verlassen hat und die Gehege und große Halle bezogen werden können, ist das Exotenhaus nicht sofort für Besucher betretbar. Die Tiere müssen sich erst eingewöhnen und neu orientieren. „Das kann ein bis zwei Tage dauern, aber auch einige Wochen“, sagt Gaum. Die Tiere müssen ihr Gehege zunächst kennenlernen. Hier gehen Gaum und ihr Team auf die sichere Seite: Vor allem für die frei in der großen Halle herumfliegenden Vögel - wie die Madagaskar-Turteltauben oder die Webervögel - werden in der Eingewöhnungsphase die Glastrennscheiben abgehängt, damit sie nicht dagegen fliegen. Und was ein Lieblingsfutterplatz ist, müssen Pfleger und Vögel auch erst herausfinden. Immerhin, an die Pfleger haben sich die Tiere schon gewöhnt. „Anfangs saßen sie ängstlich in der Ecke, aber mittlerweile haben sie sich an uns gewöhnt, haben Vertrauen gefasst“, merkt die Revierleiterin an.

Stichwort Großaquarien: Hier reicht es nicht, einfach den Wasserhahn zum Befüllen aufzudrehen. Zunächst muss sich im Wasser der Biorhythmus einpendeln, ehe die ersten Tiere eingesetzt werden. Bei den meisten ist dies schon der Fall. Noch warten müssen unter anderem Fred und Wilma, die Schlangenhalsschildkröten. Die australische Landschaft, ein Paludarium, begrünt stilecht ein Eukalyptus. Da australische Pflanzen aber sehr schwer zu bekommen sind, werden hier für den Lungenfisch und seine Mitbewohner derzeit auch Pflanzen verwendet, etwa der Zylinderputzer, die dem rot blühenden australischen Lampenputzer ähnlich sieht.

Ein Großteil des Tierbestandes ist im Exotenhaus

Wenn alle Tiere da sind, beheimatet das Exotenhaus mehr als 2.000 Tiere aus rund 100 verschiedenen Arten - von Pärchen wie dem Gürteltier bis hin zu Schwarmtieren wie dem Neonfisch. 15 Rodriquez-Flugfüchse gehören dazu, die sich genauso frei bewegen können wie das Faultier oder der Sakiaffe. Auch Krokodile werden noch erwartet. „Die Vielfalt wird sehr groß sein“, betont Michaela Gaum. Sie ist sich sicher, dass das Exotenhaus „ein Besucher-Highlight und Erlebnis“ wird. Optisch - allein durch die Farbenpracht einiger Vögel - und akustisch. Die Gäste können sich auf ein Stimmengewirr aus markanten Vogellauten, Affengeräusche oder Fledermausgeflatter freuen.

„Wir sind einfach froh, wenn wir in unseren normalen Tierpflegerablauf starten können“, schaut Gaum erwartungsvoll auf den Exotenhaus-Alltag. Und mit ihr alle, die sich auf die Eröffnung freuen.

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