Das AWO-Hotel Anker

Ein Ort zum Bleiben für wohnungslose Menschen!

Das ehemalige Hotel Anker am Lameyplatz in KA-Mühlburg wurde seit Anfang der 90er Jahre von der Sozial- und Jugendbehörde der Stadt Karlsruhe (SJB) als unbetreute Unterkunft für in Wohnungsnot geratene Menschen genutzt. Nach einem Zimmerbrand im November 2002 wurde die Unterkunft geschlossen. Im Frühjahr 2004 begann das Arbeits- und Beschäftigungsprojekt der AWO-Karlsruhe im Auftrag der Stadt, zusammen mit Fachfirmen, mit den Sanierungsarbeiten.

Von städtischer Seite geplant war, eine betreute Unterkunft für wohnungslose Menschen zu schaffen, die sich in besonderen sozialen Schwierigkeiten befinden und einen Rechtsanspruch auf Hilfen nach den §§ 67-69 SGB XII haben. In Betriebsträgerschaft der AWO-Karlsruhe konnte das Hotel Anker im September 2005 als niedrigschwelliges Angebot neu eröffnet werden.

Konzeptionell wird seither eine Betreuung rund um die Uhr durchgeführt. Zwei Sozialarbeiter, ein weiterer Sozialbetreuer, ein Krankenpfleger, zwei Hauswirtschafterinnen mit mehreren Zwei-Euro-Zusatzkräften, ein Hausmeister sowie Praktikanten und Wochenend- und Nachtbereitschaften kümmern sich um die Belange der nunmehr 29 Bewohner, fast allesamt so genannte chronisch mehrfachgeschädigte Abhängigkeitskranke, die der fortgesetzten Betreuung und Begleitung bedürfen. Die Aufenthaltsdauer ist unbegrenzt.

Die Existenzsicherung erfolgt über AlG-2-Bezüge oder Grundsicherungsleistungen. Momentan sind nur 3 Frauen unterbracht, über einen längeren Zeitraum waren es bis zu 9. Das Durchschnittsalter beläuft sich derzeit auf 55 Jahre. Hunde dürfen mitgebracht werden. Die Bewohner leben in Einzelzimmern auf 3 Etagen verteilt. Vergegenwärtigen muss man sich, dass vom gesamten materiellen Besitz dieser Menschen nur noch kleines Handgepäck übrig blieb, so dass die komplette Zimmerausstattung incl. Kühlschrank, Kochgelegenheit und die Wäsche von der AWO vorgehalten wird. Ergänzend zur konzeptionell vorgesehenen Selbstversorgung wird zweimal in der Woche eine warme Mahlzeit in der hauseigenen Gaststätte zubereitet sowie fortlaufend Lebensmittel- und Kleiderspenden ausgegeben.

Ziel der Unterbringung ist es, eine Grundversorgung zu leisten, um eine weitere Verschlechterung der Lebenssituation zu vermeiden, faktisch: zu verzögern. Dazu muss ohne Umschweife gesagt werden, dass die meisten Bewohner ihren jahrelangen verzweifelten Kampf gegen ihre Alkoholerkrankung verloren haben trotz ungebrochenem Lebenswillen. Psychische Erkrankungen in vielgestaltiger Ausprägung belasten zusätzlich das Leben der Bewohnerschaft. Soziale Kontakte außerhalb des Hauses, zur Familie und zu Verwandten bestehen in der Regel nicht mehr. Die Mitarbeiter sind sich völlig im Klaren darüber, dass sie grundlegende Veränderungen für die meisten ihrer zu Betreuenden nicht mehr erreichen können. Die nackten Zahlen sprechen für sich: bei 72 Aufnahmen in viereinhalb Jahren sind 17 Todesfälle als direkte Folge des Alkoholismus zu beklagen. Punktuelle Lichtblicke können bei den wenigen Bewohnern gesehen werden, deren mittelschwerer Schädigungsgrad es noch zulässt, in ein Betreutes Wohnen zu ziehen oder sogar eine eigene Wohnung zu finden, was im Jahre 2009 bisher zweimal geschah und als großer Erfolg gesehen werden muss.

Neben den sozialanwaltschaftlichen Tätigkeitsfeldern besteht die eigentliche Arbeit im Wesentlichen aus Hilfen über den Tag: lebenspraktische Unterstützung, Krisenintervention, pflegerische Versorgung mit Tablettenausgabe, Gefahrenabwehr und Sturzprävention, Kontakthalten zu rechtlichen Betreuern, Begleitung zu Ämtern und Arztpraxen, Geldverwaltung auf Wunsch, Ansprache und Zuwendung. Herr Dr. Dördelmann von der Praxis Dr. Kern kommt regelmäßig ins Haus zur Visite, die in einem eigens geschaffenen Krankenzimmer abgehalten wird. Zur Strukturierung des Tages wird ein Nachmittagstreff in der Gaststätte, die als Gruppenraum genutzt wird, angeboten mit Karten-, Tischspielen und Tischkicker. In einem kleinen Gartenprojekt können die Bewohner, die noch einigermaßen stand- und trittsicher sind, bei der Pflege der Anlage und der Pflanzen mithelfen.

All diese Unterstützungsangebote sind dazu angetan, dieser marginalisierten Personengruppe im Rückzugs- und Schonraum „Hotel Anker“ zu einem Stück Lebensqualität zu verhelfen, über die sie wieder Lebensmut schöpfen und sich beheimatet fühlen kann.

Jürgen Lampert
Einrichtungsleiter

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